Manche Betrachter erkennen es erst auf den zweiten Blick, Segler sehen es sofort: Das Design der Kieler Woche 2017 (17. bis 25. Juni) ist geprägt von dem, was Segelbooten unter Wasser Stabilität gibt. Kiele, Schwerter und Finnen in Blau und Weiß zieren das 70. Kieler-Woche-Plakat seit 1948. Für die Jury des traditionellen Designwettbewerbs war der eindeutige Sieger klar: „Mehr Kiel geht nicht!“ Das Ergebnis des internationalen Einladungswettbewerbs wurde am Mittwoch, 21. September, im Kieler Rathaus vorgestellt.
Die Juroren lobten den Siegerentwurf mit den blauen und weißen Formen, die im Wechselspiel von Vorder- und Hintergrund auftauchen: „Aus den anfänglich skripturalen Zeichen entwickeln sich bei genauer Betrachtung Boots-Kiele, die das Wasser schneiden. Durch die gekonnte Aneinanderreihung verschiedenster Kiel- und Schwertformen aktueller (29er, 505er) und ehemaliger (Star) Klassen der Kieler Woche entsteht ein Muster, das das Siegerplakat kraftvoll und sportlich erscheinen lässt. Durch die Platzierung der Informationstypografie an der linken Seite des untersten Kiels nimmt das Plakat zusätzlich an Fahrt auf. Das Siegerplakat zeichnet sich durch eine grafische, kraftvolle und kontrastreiche Gestaltung aus und greift mit der Kiel-Systematik ein Thema auf, welches bis dato noch auf keinem Entwurf zu sehen war.“
Das blau-weiße Design stammt vom Heidelberger Grafikdesigner Götz Gramlich, der das Medium Poster als sein Hauptkommunikationsmittel gewählt hat. Er beschränkt sich dabei aber nicht nur auf die Gestaltung von Postern, sondern organisiert selbst Posterausstellungen. Ein besonderes Projekt ist dabei die Ausstellung „Mut zur Wut“, die Gramlich 2011 initiierte.
Götz Gramlich, geboren 1974 in Heidelberg, studierte an der Fachhochschule Darmstadt Kommunikationsdesign. Bevor er sein Studio gggrafik (www.gggrafik.de) 2005 in Heidelberg gründete, war er Assistent von Niklaus Troxler in der Schweiz. 2014 wurde er zum Präsidenten des Vereins (und Wettbewerbs) „100 beste Plakate Deutschland, Österreich, Schweiz“ gewählt.
Gramlich hat weltweit Workshops gehalten, unter anderem an der École nationale supérieure des Arts Décoratifs in Paris, am Zimbabwe Institute of Vigil Arts in Harare und innerhalb des Phoenix Design Summer in Hangzhou, China. Er ist Dozent an der University of Applied Science Mannheim, Fakultät für Gestaltung.
Seit 68 Jahren wird mit jährlich wechselnden Plakaten und anderen Werbemitteln weit über Kiel hinaus für die Fest- und Segelwoche geworben. Sich in diese 1948 begonnene Tradition einzureihen und einmal das Kieler-Woche-Design zu gestalten, ist der Traum vieler Grafikdesigner. Aber nur wenige bekommen die Chance dazu: Seit 1959 lädt Kiel von einer Jury ausgewählte Designerinnen und Designer aus dem In- und Ausland zu dem renommierten Wettbewerb ein.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Wettbewerbs sind Gäste der Kieler Woche und sammeln an der Förde Eindrücke, die sie anschließend in ihre Entwürfe für das Folgejahr einfließen lassen. Erstmals wurde das Plakat der Kieler Woche 1960 durch einen solchen Einladungswettbewerb ermittelt. Zur Kieler Woche 2017 wurde zum 58. Mal ein Wettbewerb ausgeschrieben. Seit 1974 muss das Plakat in ein stimmiges Corporate Design eingebunden sein.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Wettbewerbs für das Design der Kieler Woche 2017 waren: Studierende der Muthesius Kunsthochschule Kiel (Leitung Professor André Heers), Götz Gramlich (Heidelberg), Anna Lena von Helldorff (Leipzig), Majid Abbasi (Teheran / Iran) und Giorgio Pesce (Chavannes-près-Renens / Schweiz). Sie reichten insgesamt zehn Ideen, zum Teil in verschiedenen Ausführungen, ein.
In der Jury saßen vier Fachjuroren und drei Sachjuroren. Die Fachgutachter waren Prof. Bernhard Stein aus Berlin (langjähriger ständiger Gutachter), Jeffrey Goldstein vom Karlsruher Designteam 2xGoldstein (neue ständige Gutachter mit einer Stimme) sowie Stephanie Kurz und Andreas Weber vom Berliner Gestalterteam Stan Hema (Vorjahressieger des Wettbewerbs, eine gemeinsame Jury-Stimme) sowie Tillmann Voigt (stellvertretender Leiter des Kieler-Woche-Büros). Ihnen saßen als Sachgutachter zur Seite: Rainer J. Kraatz als Vorsitzender des Vereins zur Förderung der Kieler Woche, Sven Christensen als Geschäftsführer der Point of Sailing Marketing GmbH und Ratsfrau Ingrid Lietzow als Vorsitzende des Aufsichtsrates der Kieler Woche Marketing GmbH.
Bei den ständigen Fachgutachtern gab es in diesem Jahr einen Wechsel. Der langjährige Juror Professor Detlef Fiedler (Berlin) ist auf eigenen Wunsch ausgeschieden. Seine Nachfolger sind Andrew und Jeffrey Goldstein (Agentur 2xGoldstein) aus Karlsruhe. Die Zwillinge hatten das Kieler-Woche-Design 2010 gestaltet.
Bei Götz Gramlich war die Freude groß, als Kiels Stadtpräsident Hans-Werner Tovar am Mittwochmittag in Heidelberg anrief, um die frohe Kunde vom Sieg im Designwettbewerb für die Kieler Woche 2017 zu überbringen: „Wow, eine tolle Nachricht“, waren Gramlichs ersten Worte. Und: „Der Entwurf zeigt mal eine andere Perspektive – den Blick unters Wasser.“
Alle Plakat-Entwürfe des Design-Wettbewerbs zur Kieler Woche 2017 – und früherer Wettbewerbe – gibt es im Internet auf www.kieler-woche.de/design.